Die Musik der Metalband Meshuggah Teil 1
Die Musik der schwedischen Metalband Meshuggah Teil 1
Ende der 1990er Jahre hörte ich ein Interview der amerikanischen Progressiv-Rock-Band Tool, in dem die Band einige ihrer Lieblingsbands aufzählten. Darunter befand sich auch die schwedische Band Meshuggah, welche auch mit Tool gemeinsam auf Tournee waren. Der erste Song von Meshuggah, den ich gehört habe, war „Future Breed Machine“ aus ihrem Album „Destroy Erase Improve“. Ich war damals sehr fasziniert vor allem von der sehr „verbogen“ klingenden Rhythmik.
Im Jahr 2008 hörte ich die Band erstmals live in der Szene Wien und war ziemlich beeindruckt von ihrerem perfekten, sehr präzisem Zusammenspiel, sowie der sehr energetischen musikalischen Darbietung. Daraufhin fing ich an mich mehr für ihre Rhythmik zu interessieren und transkribierte einige Passagen ihrer Songs. Ich entdeckte die polyrhythmischen Patterns, die fast alle in einem 4/4 Takt eingebettet sind und verstand somit endlich warum die Musik von Meshuggah so „verbogen“ klingt.
Gerade in den letzten Jahren erschienen sehr viele junge Bands, welche von Meshuggah sehr beeinflusst sind. Anfang der 2000er Jahre entstand hauptsächlich über das Internet ein neues Metalgenre namens „Djent“, welches in erster Linie von Meshuggah beeinflusst wurde.
Für mein Masterstudium an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien habe ich eine Masterarbeit über die Band Meshuggah geschrieben. Dabei transkribierte ich drei Songs der Band, wobei alle Transkriptionen Gitarren und Schlagzeug umfasst.
In diesem Blog-Post möchte ich einen Teil der Masterarbeit veröffentlichen. Im ersten Post dieser mehrteiligen Serie möchte ich Einblicke in einen der bekanntesten Meshuggah Songs geben:
Meshuggah – Bleed
Der Song „Bleed“ wurde von Fredrik Thordendal geschrieben und stammt aus dem sechsten Studioalbum namens „Obzen“, welches im März 2008 veröffentlicht wurde. Das Schlagzeug wurde im Gegensatz zum Vorgängeralbum „Catch Thirtythree“ wieder live im Studio von Tomas Haake eingespielt, wobei die Sounds der Drums vom „Drumkit from Hell“ aus der Soundreplacing Software EZ-Drummer stammen.
Beim Entstehungsprozess des Albums war lange nicht klar, ob der Song auf dem Album erscheinen wird, da er sehr komplex und schwierig zu spielen war. Schließlich wurde Bleed nach der Veröffentlichung des Albums zu einem der bekanntesten Songs von Meshuggah. Das markante Grundriff, welches sich in verschiedenen Variationen ununterbrochen durch den Song zieht, verleiht ihm einen hohen Wiedererkennungswert.
Besonders für Tomas Haake war Bleed eine große Herausforderung. In mehreren Interviews erwähnt er, dass er alleine um Bleed zu lernen genauso viel Zeit investieren musste, wie für alle restlichen Songs des Albums zusammen. Bleed ist außerdem der einzige Song, bei dem für die Live-Performance ein Trigger auf der Bassdrum verwendet wird.
Das Label Nuclear Blast veranstaltete über Youtube einen Wettbewerb, bei dem es darum ging, den Song am Schlagzeug nachzuspielen. Der Gewinner war der damals vierzehnjährige Zach Schiermann.
Formanalyse:
Ich beginne zuerst mit einer einfachen Formanalyse um einen kurzen Überblick über den Ablauf des Songs zu bekommen. Der ganze Song ist, bis auf zwei kurze Breaks im 4/4 Takt und der Ablauf ist sehr geradlinig aufgebaut. Alle Teile bestehen aus 8-taktigen Phrasen.
Diese 8-taktigen Phrasen bestehen aus Rhythmusgitarrenriffs, welche nicht 4/4 Viertel lang sind und deshalb über den Takt hinaus durch die 8, 16 und 32-taktigen Phrasen geschoben werden. Dieses Rhythmuskonzept findet man bei Meshuggah in allen Songs. Anschließend analysiere ich diese ungeraden Gitarren-Rhythmen und zeige wie sich diese durch den 4/4 Takt verschieben.
Intro 1 8 Takte Riff A
Verse 1 8 Takte Riff A
Verse 1b 8 Takte Riff A
Break 2 Viertel Riff B
Verse 2 8 Takte Riff B
Verse 2b 8 Takte Riff B2
Intro 2 8 Takte Riff A2
11/8 Riff mit Gesang 8 Takte Riff C
11/8 Riff Lead 1 8 Takte Riff C
11/8 Riff mit Gesang 8 Takte Riff C
27/16 Riff 8 Takte Riff D
Verse 3 16 Takte Riff D
Verse 3b 8 Takte Riff E
Lead 2 16 Takte Riff F
Interlude 16 Takte
Gitarrensolo 32 Takte Riff G
Pause 2 Viertel
Verse 4 16 Takte Riff D2
Break 1 Takt Riff A
Intro 3 8 Takte Riff A2
Intro 3 mit Gesang 8 Takte Riff A2
Outro 8 Takte Riff A2
Riffanalyse:
Riff A:
Riff A ist im Prinzip der Grundbaustein des ganzen Songs. Alle anderen Patterns sind Variationen dieses drei Sechzehntel langen Patterns. Das Riff A entspricht einer Dreiergruppe und fängt nach drei Takten wieder auf der Eins an. Die Gitarrren benutzen hier jeden zweiten Takt die Bending-Technik, wo durch das Ziehen der Gitarrensaite der Ton um einen Ganzton erhöht wird. Das Riff wird im achten Takt in Verse 1b auf der zweiten Sechzehntel der Vier gestoppt. Danach spielt die Gitarre das Riff B für zwei Viertel alleine, bevor die ganze Band einsetzt.
Drums:
Das Schlagzeug spielt hier einen Halftime Rhythmus mit einem konstanten Backbeat auf der Drei. Das Gitarrenriff wird unisono mit der Bassdrum begleitet.
Riff B:
Riff B ist zwei Sechzehntel länger als Riff A und bildet somit eine Fünfergruppe. Das Riff fängt nach fünf Takten wieder auf der Eins an. Auch hier wird jeden vierten Takt das Riff durch Bending um einen Ganzton erhöht.
Drums:
Das Schlagzeug spielt wieder einen Halftime Rhythmus mit dem Backbeat auf der Drei. Das Gitarrenriff wird wieder unisono mit der Bassdrum begleitet.
Riff B2:
Riff B2 kommt in Verse 2b vor und wird genau wie das Riff A in Verse 1b als Fis gespielt. Hier wird die Fünfergruppe immer wieder durch eine Dreiergruppe aufgebrochen. Das Schlagzeug spielt das Riff wieder unisono mit der Bassdrum.
Die Snare bleibt konstant auf der Drei und bildet gemeinsam mit dem Viertelpuls der China-Becken den Halftime-Groove.
Riff A2:
Das Riff A2 ist bei den Gitarren gleich wie Riff A, jedoch ohne Tonerhöhung durch Bending. Die Dreiergruppe wird acht Takte lange durch den 4/4 Takt geschoben. Das Schlagzeug spielt hier keinen Halftime-Groove, sondern das Riff wird zwischen Bassdrum und Snare aufgeteilt.
Riff C:
Riff C ist ein 11 Achtel langes Riff welches für acht Takte durch den 4/4 Takt geschoben wird. Das Riff wird drei mal durch jeweils acht Takte geschoben. Einmal mit Gesang, einmal mit der Leadstimme der Gitarre und noch einmal mit Gesang.
In 4/4:
Drums:
Das Schlagzeug spielt das Riff unisono mit den Gitarren. Das Pattern wird zwischen Bassdrum und Snare aufgeteilt. Dadurch ist es als Zuhörer nicht offensichtlich, dass sich auch hier der Song immer noch im 4/4 Takt befindet. Lediglich der Gesang und die Leadstimme der Gitarre spielen über dieses Riff den 4/4 Takt.
Vocals:
Ich wurde erst durch ein Live-Video auf Youtube darauf aufmerksam, dass alle Musiker der Band auch in diesem Teil im 4/4 Takt denken. Auf dem Video sieht man den Sänger wie er mit dem linken Fuß die Viertel mitschlägt während er über das 11/8 Riff singt. Der Gesang fügt sich mit seiner Rhythmik an das 11/8 Riff. Insgesamt lösen sich die Geangsphrasen jedoch immer auf die Eins des 4/4 Taktes auf.
Riff D:
Riff D besteht aus zwei 7er Gruppen, einer 5er Grupper, einer 3er Grupper und einer 5er Gruppe (7-7-5-3-5). Somit ergibt sich ein 27/16 langes Pattern. Dieses Pattern wird 24 Takte lang durch den 4/4 Takt geschoben. Nach acht Takten setzt der Gesang mit dem dritten Vers ein und die 32tel Noten werden vom Fis zum D erhöht. Das Schlagzeug spielt das Riff unisono mit der Bassdrum, während die Snare konstant auf der Drei gespielt wird.
In 4/4:
Riff E:
Riff E wird in Verse 3b gespielt und besteht aus einem 5/4 langen Pattern. Das Riff wird acht Takte lang durch den 4/4 Takt geschoben. Das Schlagzeug spielt das Riff unisono mit der Bassdrum mit, während die Snare wieder konstant auf der Drei gespielt wird und somit den Halftime-Groove bildet.
In 4/4:
Riff F:
Riff F besteht aus einem 9/8 Pattern, welches zweimal gespielt wird und einem 6/8 Pattern. Das Riff wird 16 Takte durch den 4/4 Takt geschoben. Das Schlagzeug spielt das Pattern unisono mit der Bassdrum, während die Snare wieder konstant auf der Drei gespielt wird und so den Halftime-Groove bildet.
2x 9/8 – 1x 6/8
In 4/4:
Riff G:
Hier wird ein 29/16 langes Riff als Gitarrensolobegleitung gespielt. Das Riff wird 32 Takte lang während des Gitarrensolos durch den 4/4 Takt geschoben. Außerdem werden die 3er und 4er Gruppen im Riff immer abwechselnd über die gesamten 32 Takte als Fis – F – Dis gespielt. Dadurch ergibt sich zusätzlich eine tonale Dreierverschiebung. An den markierten Stellen (Takt 20 bis 23 und 28 bis 30) wird das Riff kurzzeitig auf 35/16 verlängert.
In 4/4:
Riff D2:
Riff D2 ist rhythmisch ähnlich aufgebaut wie Riff D. Der Rhythmus besteht aus einer 7er Gruppe, einer 5er Gruppe, einer 3er Gruppe, einer 5er Grupper und einer 7er Gruppe. (7-5-3-5-7) Der Rhythmus wird im Vergleich zu Riff D (7-7-5-3-5) hier lediglich von einem anderen Zeitpunkt aus gespielt. Das Riff wird 16 Takte lang durch den 4/4 Takt geschoben. Das Schlagzeug spielt das Riff unisono mit der Bassdrum, während die wieder Snare konstant auf der Drei gespielt wird.
Nach diesen 16 Takten folgt ein Takt Pause, in dem nur die Gitarre das Riff A spielt. Nach diesem Break wird für 24 Takte das Riff A2 gespielt, wobei in den ersten 16 Takten jeder zweite Takt durch Bending um einen Ganzton erhöht wird. Nach 8 Takten setzt der Gesang ein und die letzten 8 Takte bilden das Outro, wobei hier das Riff A2 ohne Bending konstant auf dem Dis gespielt wird.
Drums:
Das Riff wird zwischen Bassdrum und Snare genau wie bei Riff A2 aufgeteilt. Das Schlagzeug spielt das Riff unisono über 24 Takte mit den Gitarren. Die Dreiergruppe wird 24 Takte durch den 4/4 Takt geschoben.
Über den Autor:
Mag.art. Florian Stöger
- Musikstudium mit Hauptfach Schlagzeug und Percussion der Popularmusik an der Universität für Musik u. darstellende Kunst Wien. Unterricht bei Manfred Krenmair, Prof. Fritz Ozmec, Prof. Mario Lackner und Prof. Oliver Madas.
- Auslandsaufenthalt in den USA in Los Angeles – Privatunterricht bei Bernard Galane und Gaststudent am Musicians Institute in Hollywood.
- Privatunterricht und Masterclasses bei: Thomas Lang, Jojo Mayer, Bernard Galane, Dave Elitch, Gorden Campbell.
- langjährige Unterrichtserfahrung: Schlagzeuglehrer an der Musik- und Kunstschule Waidhofen an der Ybbs, der VHS Heiligenstadt und am Borg Krems an der Donau. Seit 2020 Schlagzeuglehrer am Borg St. Pölten.
- Zahlreiche Konzerte mit Coverbands und Songwritern unterschiedlicher Stilistiken.
- Lehrer an der Vienna Drum School
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